MeS: Welches Objektiv ist das Richtige & Features/Begriffserklärungen – Meine erste Systemkamera
Eines der zentralen Merkmale einer Systemkamera ist ein wechselbares Objektiv. Diese Option ist ein entscheidender Unterschied zu einem Smartphone oder zu einer Kompaktkamera. Durch den Einsatz verschiedener Objektive gewinnt man eine große Flexibilität bei der Gestaltung seiner Motive. Rein technisch besteht ein Objektiv aus mechanischen Linsensystemen, die das Licht auf den Sensor einer Digitalkamera bzw. auf die Oberfläche eines Films bündeln. Wir wollen in diesem Tutorial versuchen die technischen Grundbegriffe rund um das Thema “Objektiv” zu beschreiben und allen Ein- und Umsteigern ein wenig helfen, eine erste Auswahl zu treffen.
Lichtstärke und Brennweite
Zur Definition eines Objektives werden in der Regel zwei Eigenschaften angegeben: Zum einen ist dies die Lichtstärke, die die größte einstellbare Blende angibt. Etwas verwirrend sind hier die angegebenen Zahlenwerte. Je kleiner die angegebene Blendenzahl, je weiter ist die im Objektiv eingebaute Irisblende geöffnet und um so mehr Licht erreicht den Bildsensor. Also je kleiner die eingestellte Blende, desto weniger Licht braucht man für ein korrekt belichtetes Foto. Wenn ein Fotograf von einer großen Blende spricht, die er gewählt hat, meint er damit also eine kleine Blendenzahl, die für eine weit geöffnete Irsisblende im Objektiv steht.
An dieser Stelle kommt dann noch der dritte Wert für die korrekte Belichtung eines Bildes ins Spiel, die Verschlusszeit. Hierbei geht es darum, wie lange der Verschluss Licht auf den Sensor durchlassen muss / geöffnet sein, für eine korrekte Belichtung. Hat man an seinem Objektiv also eine kleine Blendenzahl eingestellt und damit fällt dann viel Licht auf den Sensor, so benötig man nur eine relativ kurze Verschlusszeit für ein korrekt belichtetes Bild. Dieser Zusammenhang verbirgt sich hinter dem häufig benutzten Begriff der „Lichtstärke“ eines Objektivs. Wenn also wenig Licht zur Verfügung steht, in der Dämmerung oder bei Innenaufnahmen, dann sollte man ein Objektiv mit einer hohen Lichtstärke, sprich kleinen max. Blendenzahl wählen, um hier noch Verschlusszeiten einsetzen zu können, die kurz genug sind, um nicht verwackelte Bilder ohne Stativ zu machen.
Je kleiner die angegebene Blendenzahl eines Objektivs also ist, desto weiter kann die Irisblende im Objektiv geöffnet werden. Dies bedeutet aber gleichzeitig auch, dass die verwendeten Linsen sowohl eine entsprechende Größe haben müssen und das deren Abbildungsqualität bis weit in den äußeren Randbereich genügen muss, um ohne Unschärfen oder andere Bildfehler zu arbeiten. Genau hier liegt der Grund und das Hauptqualitätsmerkmal, das für die teilweise recht hohen Preise von Objektiven sorgt.
Neben der Lichtstärke ist die Brennweite das zweite Merkmal, dass ein Objektiv beschreibt. Diese wird in der Regel in Millimetern angegeben und beschreibt den Abstand zwischen der Aufnahmeebene, also dem Sensor oder der Filmoberfläche und der sogenannten Objektiv-Hauptebene. Hiermit lässt sich der Unterschied zwischen den zwei Typen von Objektiven, die heute in der Regel eingesetzt werden recht einfach erklären. Ist die Linsengruppe der Hauptebene eines Objektivs nicht verstellbar an einer festen Position angeordnet, dann spricht man von einer Festbrennweite, das Objektiv verfügt also genau über eine einzige fixe Brennweite. Sind die Linsengruppen in einem Objektiv mechanisch verstellbar, dann verfügt es damit über einen verstellbaren Brennweitenbereich, dann beschreibt dies ein Zoomobjektiv.
Weitwinkel und Teleobjektive
Was genau meint jetzt der Begriff „Brennweite“: Damit wird der Bildwinkel und somit der Bildausschnitt angegeben. Je größer die Brennweite, desto enger wird der Bildwinkel und desto höher ist der Vergrößerungsfaktor des gewählten Bildausschnitts.
In der Praxis findet man oft den Begriff eines „Normalobjektivs“, welches quasi eine Art „Nulllinie“ darstellt. Hiermit wird ein 50 mm Objektiv im Kleinbildformat (24 x 36 mm) bezeichnet, das in etwa den Blickwinkel des menschlichen Auges abbildet (46°). Ausgehend von dieser Basis bezeichnet man alle Objektive mit einer kleineren Brennweite wie 50 mm als Weitwinkelobjektive. Also wie oben beschrieben wird Bildwinkel mit geringerer Brennweite immer größer und man kann auf seinem Bild einen weiteren Bereich aufzeichnen, als man ihn mit dem bloßen Auge sieht.
Im Umkehrschluss verkleinert sich der Bildwinkel bei Objektiven mit einer Brennweite von mehr als 50 mm immer mehr und das gewählte Motiv wird somit vergrößert. Diese Objektive bezeichnet man als Teleobjektive.
Crop Faktor und Kleinbild-Äquivalent
Wenn man sich mit den Bedeutungen von Brennweite und Lichtstärke etwas angefreundet hat, stößt man schnell auf ein weiteres Thema, das für einige Verwirrung sorgen kann.
Unsere Erklärung der Brennweite weiter oben im Artikel bezieht sich zur Vereinfachung zunächst auf einen Sensor im klassischen Kleinbildformat von 24 x 36 mm, also der Größe eines Negativs aus der Zeit, bevor es die digitale Fotografie gab bzw. der Größe des Bildsensors, der heute unter dem Begriff des „Vollformatsensors“ mit den gleichen Maßen verbaut wird.
Die meisten heute verkauften und verbauten Bildsensoren sind aber kleiner als das klassische Kleinbildformat. In der Praxis hat dies dann zur Folge, dass dieselbe Brennweite an dem kleineren Sensor einen engeren Bildwinkel produziert. Also ein Objektiv, dass einer Vollformat-Kamera als Weitwinkel benutzt werden kann würde an einem kleineren Sensor so zum Normal- oder evtl. sogar zum Teleobjektiv.
Hier kommt der sogenannte „Crop-Faktor“ ins Spiel. Um weiterhin eine einheitliche Zuordnung von bestimmten Brennweiten zu einem Bildwinkel zu haben, geben die Hersteller einen Faktor an, mit dem man die Brennweite, mit der ein Objektiv bezeichnet ist, multiplizieren muss, um einen vergleichbaren Wert im Bezug auf das Kleinbildformat zu bekommen.
Eine sehr verbreitete Sensorgröße sind z. B. die APS-C Sensoren der meisten DSLR-Kameras. Diese haben je nach Hersteller einen Umrechnungsfaktor von ca. 1,5. Dies bedeutet also, dass ein 35 mm Objektiv an einer Canon oder Nikon DSLR faktisch ungefähr einem Normalobjektiv mit einer Brennweite von 50 mm (35 mm x 1,5) an einer Kamera mit einem Vollformatsensor im Kleinbildformat entspricht . Die Sensoren an den Micro-Four-Thirds Kameras sind noch ein wenig kleiner, hier ist der Umrechnungsfaktor zwei, also um an einer Panasonic oder Olympus-Kamera ein Normalobjektiv einzusetzen, benötigt man eine Brennweite von 25 mm.
Wer sich eine neue Kamera anschafft, muss also nicht nur beachten welche Brennweiten und Lichtstärken die Hersteller angeben, sondern auch noch berücksichtigen welche Größe der Sensor der gewählten Kamera hat. Alle Hersteller beschriften ihre Objektive durchgängig mit den tatsächlichen Brennweiten (ohne Umrechnung), allerdings sollte man in Werbeanzeigen und anderen Veröffentlichungen schon mal etwas genauer aufpassen, welcher Wert denn gemeint ist.
Einstellen der Schärfe
Wenn man sich jetzt für ein Objektiv mit passender Brennweite und Lichtstärke entschieden hat, bleibt noch die Frage wie man die optimale Schärfe seines Motives einstellen kann.
Hier gibt es zunächst auch heute noch klassische Objektive, wo dies rein manuell durch Drehen des Fokusrings am Objektiv erfolgt. Gerade in den letzten Jahren haben sich hier einige neue Hersteller etabliert, die sehr lichtstarke Festbrennweiten-Objektive zu recht günstigen Preisen anzubieten.
Einziges kleines Problem dabei ist, dass die rein elektronischen Kameras von heute in der Regel nicht mehr über eine Matt- oder Schnittscheibe im Sucher verfügen, die punktgenau die Schärfe eines Motives anzeigt. Hier haben die Hersteller der spiegellosen Systemkameras einen kleinen Vorteil für sich entdeckt und so verfügen diese heute fast alle über verschiedene Möglichkeiten, wie das Fokus-Peaking, um bei einem Motiv manuell den optimalen Schärfepunkt setzen zu können.
Die Mehrzahl aller heutigen Kameras und Objektive verfügen allerdings über ein Autofokussystem mit dem die Kamera in Kombination mit einem Motor im Objektiv die richtige Schärfeebene für den anpeilten Motivausschnitt automatisch einstellt. Hier hat es in den letzten Jahren eine rasante Weiterentwicklung in Bezug auf die Präzision gegeben – Geschwindigkeit und vor allem auch auf die Treffgenauigkeit in schlechten Lichtverhältnissen. Ein aktuelles Autofokussystem ermöglicht das Scharfstellen in Lichtsituationen, die man mit dem bloßen Auge manuell kaum noch beurteilen kann.
Natürlich verfügen die meisten Autofokus-Objektive auch über einen Schalter oder andere Vorrichtungen, dass man diese auch im manuellen Betrieb nutzen kann.
Bildstabilisator
Wie oben beschrieben benötigen Objektive mit einer hohen Lichtstärke eine sehr gute Qualität der verwendeten Linsen bis in die Randbereiche, um hier Unschärfen und Farbverzeichnungen zu vermeiden. Entsprechend teuer sind diese oftmals. Da hier die sowohl die Physik wie auch die aufwendige Herstellung Grenzen für die Hersteller setzt, hat man sich nach einer anderen Lösungsmöglichkeit umgeschaut, mit der man Kameras auch ohne teuere Objektive bei schlechten Lichtverhältnissen nutzen kann.
Problem ist ja bei lichtschwachen Objektiven, dass der Verschluss lange geöffnet werden muss, um bei nicht optimalen Lichtverhältnissen noch etwas auf dem Bild zu erkennen. Solche Fotos aus der Hand ohne Stativ zu machen erfordert viel Training und eine sehr ruhige Hand. Hier kommen seit einigen Jahren jetzt Bildstabilisatoren ins Spiel, die auf mehreren Achsen das Verwackeln bei längeren Verschlusszeiten wieder ausgleichen. Es gibt aktuell zwei Systeme, die zum Teil aber immer mehr zusammenwachsen. Viele Hersteller setzen Systeme ein, die in den Objektiven verbaut sind und die Linsengruppen stabilisieren. Die zweite Alternative ist den Sensor in der Kamera lose gelagert einzubauen und diesen dann zu stabilisieren. Die neueste Entwicklung in diesem Bereich ist die Kombination von beiden Systemen wie sie z. B. von Panasonic oder Olympus eingesetzt werden – mit ziemlich beindruckenden Ergebnissen beim Fotografieren wie auch bei der Erstellung von Videoaufnahmen.
Welches Objektiv ist jetzt das richtige für mich
Hat man sich ein wenig mit den Möglichkeiten und der Technik vertraut gemacht, stellt sich einem schnell die Frage, welche(s) Objektiv jetzt das Richtige für mich?
Unsere Tutorialreihe soll sich ja zunächst an Umsteiger von Kompaktkameras oder eines Smartphones richten und so ist auf jeden Fall zu empfehlen zunächst einmal mit einem Zoom-Objektiv zu beginnen. In unserem Test der Canon EOS 80D haben wir z. B. das neue Standardzoom EF-S 18-135 f/3.5-5.6 IS USM genutzt. Umgerechnet mit dem Canon Crop-Faktor von 1,6 für die Kamera deckt das Objektiv damit einen Brennweitenbereich von 28,8 bis 216 mm ab. Das ist schon ein sehr weiter Bereich, mit dem sich die meisten Motive passend einfangen lassen sollten. Die Lichtstärke ist durchschnittlich mit Blende 3.5 im Weitwinkelbereich und Blende 5.6 im oberen Ende im Telebereich. Die Bezeichnung „IS“ steht bei Canon für den Bildstabilisator im Objektiv, sodass die etwas schwächer Lichtstärke damit wieder ausgeglichen ist.
Dieses Objektiv verfügt weiter noch über einen sehr schnellen und leisen Autofokus, damit wäre es z. B. ein sehr guter Einstieg in das Canon-System. Gerade im Bereich der Zoom-Objektive, welche die Hersteller als Kit mit ihren Kameras anbieten hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Die Qualität hat sich hier recht stark verbessert, als Einstieg in ein System kann man heute eigentlich immer nach einem Angebot bestehend aus Kamera und Objektiv suchen. Oftmals werden diese sogenannten „Kit-Objektive“ von den Herstellern in den Paketen stark subventioniert, sodass sie sich später kostenneutral wieder verkaufen lassen, wenn einem die Qualität oder der Brennweitenbereich nicht mehr ausreicht. Wir würden hier zu Anfang klar ein Zoom-Objektiv empfehlen, ruhig auch mit einem großen Brennweitenbereich, wie das oben erwähnte Canon EF-S 18-135 IS USM um sich zunächst einmal auf das Fotografieren und nicht auf das Wechseln des Objektives konzentrieren zu können.
Eine gute Ergänzung zu einem Zoom-Ojektiv stellt noch ein lichtstarkes Normalobjektiv dar. Dieses hat den Vorteil, dass ein 50 mm Objektiv oder sein Äquivalent für kleinere Sensoren von eigentlich allen Herstellern recht günstig angeboten wird und somit ein perfekter Startpunkt ist um festzustellen, ob einem das Arbeiten mit nur einer festen Brennweite liegt. Parallel dazu hat man so immer ein kompaktes Objektiv mit hoher Lichtstärke in seiner Ausrüstung, dass es einem ermöglicht, auch in Situationen mit ganz wenig Licht, zu fotografieren. Exemplarisch hier noch einmal einige Beispielaufnahmen mit dem Canon EF 28mm 1:1,8 das wir ja ebenfalls in unserem Test der EOS 80D mit zur Verfügung hatten.
Schaut man sich die Angebote an Objektiven der einzelnen Hersteller an, gibt es natürlich viele andere Varianten und Brennweitenkombinationen. Für unsere Panasonic Lumix GX80 (MFT-System) nutzen wir beispielsweise sehr gerne das günstige LUMIX G 25 mm / F1.7 ASPH. Wer sich für die Natur- und Tierfotografie interessiert wird bald ein Auge auf entsprechende Telezooms mit sehr großen Brennweiten (und Preisen) werfen. Für die Architekturfotografie finden sich extreme Weitwinkelobjektive oder wenn man den Insekten und kleinsten Details in seiner Umwelt nachspüren will, dann landet man bei der Makrofotografie. Auch hier findet sich ein breites Spektrum von verschiedenen Brennweiten und Blendenkombinationen wie z. B. das Canon EF-S 60mm 1:2,8 Makro USM aus unserem Test.
Am Ende muss jeder sicherlich selber entscheiden, wie viel Geld und Zeit er in die Fotografie stecken möchte. Gute Objektive sind aber sicherlich mindestens so wichtig wie die Kamera und man sollte nicht vergessen, dass die Anschlüsse der Objektive in einem Kamerasystem in der Regel nie getauscht oder inkompatibel werden. Mit dem Update einer Kamera müssen also nicht auch gleichzeitig die Objektive erneuert oder ersetzt werden. Sicherlich spielt der neueste Sensor und die aktuellste Technik in einer Kamera eine große Rolle, aber nur in Kombination mit einem guten Objektiv gelingen wirklich scharfe und brillante Aufnahmen.
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